Schritt für Schritt zur Energiewende
Der Energiemarkt ist im Umbruch. Der Verbrauch geht in wesentlichen Sektoren zurück; es entstehen neue Systeme der Energieproduktion und -nutzung. Für Laien ist es oft nicht einfach, den Überblick zu halten. Der Verband Swiss Cleantech hat eine interaktive Webseite geschaffen mit 12 prioritären Schritten auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft. Wir haben drei herausgegriffen.
Schritt #4 Mobilitätsketten bilden und die Arbeit flexibilisieren | Nachhaltige Mobilität verlangt mehr als effiziente Fahrzeuge. Neue Technologien ermöglichen eine optimale Nutzung der Infrastruktur, neue Arbeitsmodelle sorgen für kürzere Wege. Die Zukunft lässt sich mit dem Begriff «Mobility as a service» zusammenfassen: Über eine App geben wir unser Mobilitätsbedürfnis ein, der Service berechnet verschiedene Transportoptionen und bewertet diese zum Beispiel nach Kosten, Zeitbedarf und Umweltauswirkung. Die Nutzer wählen dann zwischen öffentlichem Verkehr, Mietauto, Mitfahrgelegenheit und Velo und können, wenn sie selber mit einem Fahrzeug unterwegs sind, die freien Plätze auf der Plattform anbieten. Co-Workingspaces und Home Office-Tage ermöglichen flexibles Arbeiten. Dies reduziert Stauzeiten und entlastet Klima und die Infrastruktur für die Mobilität.
Schritt #6 Neue Anreize im Strommarkt setzen | Wie wird der neue Strommarkt das wetterbedingte Schwanken des Angebots optimal mit der Nachfrage koordinieren? Innovative Firmen nutzen heute die Chancen der Digitalisierung und verbinden Geräte von Endkunden zu einem virtuellen Kraftwerk, das innerhalb von 30 Sekunden mehrere Megawatt Leistung über das ganze Stromnetz verteilt für andere Zwecke freigeben kann. Eine europaweit führende Rolle spielt dabei das Schweizer Unternehmen tiko Energy Solutions AG. Über eine Plattform kann tiko elektrisch betriebene Heizungen und andere Verbraucher ansteuern und so die Energieversorger beim Netzausgleich unterstützen. Was bringt das den Besitzern der Heizung? Sie haben ohne jegliche Komforteinbusse tiefere Stromkosten und können über eine App ihren Verbrauch sowie ihre Produktion abrufen und fernbedient steuern.
Schritt #9 Power-to-X: Mit Solarenergie Wasser spalten | Die Herstellung und Speicherung von Wasserstoff ist gemäss swisscleantech eine Schlüsseltechnik. Eine aktuelle Versuchsanlage des PSI beim Klärwerk Werdhölzli zeigt, dass so überschüssiger Solar- und Windstrom elegant in Form von Methan speichern – und bei Bedarf wieder in Strom umwandeln lässt. Das Rohbiogas aus Gärprozessen enthält neben dem erwünschten Methan auch viel CO2. Statt das Rohgas wie üblich zu reinigen, haben das Paul Scherrer Institut und Energie 360° im Klärwerk Werdhölzli mit einer eigens dafür konzipierten Versuchsanlage das CO2 mit Wasserstoff zu Methan veredelt.
Mehr zum Zusammenspiel von Wasserstoff, CO2 und Biogas im Video nebenan
Und wie wirkt sich die Energiewende auf unseren Wohlstand aus? | Verschiedene Studien (z.B. an ETHZ und Uni Lausanne) kommen zu ähnlichen Resultaten: Die direkten Effekte einer konsequenten Klimapolitik auf das Bruttoinlandprodukt BIP sind gering. Einige Studien gehen von positiven Effekten aus, andere prognostizieren eine Reduktion des BIP um ein Prozent bis 2050, was einer jährlichen Reduktion von weniger als 0,03 Prozent entspräche. Im Vergleich dazu: Der Stern Bericht prognostiziert Schäden in der Höhe von 5 und 20 Prozent des BIP wenn wir den Klimawandel nicht bremsen. Die Schweiz hat mit einer aktiven Klimapolitik nichts zu verlieren, kann aber deutlich mehr gewinnen.
Und was ist Ihr nächster Schritt? | Der Geschäftsführer von swisscleantech empfiehlt als erstes, das eigene Mobilitätsverhalten anzuschauen und neue Mobilitätsketten mit Velo, öffentlichem Verkehr und Mobility Fahrzeugen auszuprobieren. Das braucht keine Investition und kann meist sofort umgesetzt werden.