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Vorsorgen ist besser als heilen

Früher oder später gelangen fast alle Stoffe, manchmal auch nur in äusserst geringen Konzentrationen, in die Umwelt – zum Beispiel in einen Bach. Doch bevor eine neue Chemikalie auf den Markt gebracht werden darf, muss sie ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Dabei sind aussagekräftige Tests auch ohne Tierversuche machbar. Und ausserdem müssen die Tests laufend verbessert werden, damit gefährliche Stoffe wenn möglich gar nicht in Umlauf gelangen.

Kiemenzellen statt lebendiger Fische | Für die Risikobewertung von Chemikalien werden jährlich Tausende von Tierversuchen durchgeführt. Forscherinnen und Forscher des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag konnten jetzt nachweisen, dass ähnlich aussagekräftige Tests auch mit Zellen – zum Beispiel aus den Kiemen von Fischen – oder mit Fischembryonen möglich sind. Die Tests helfen mit, gefährliche Nebenwirkungen von Chemikalien aufzudecken, bevor sich diese in der Umwelt entfalten können.

Fische mit natürlichem Chemikalienschutz | In der Risikobewertung werden die chemisch-physikalischen und toxikologischen Eigenschaften von einzelnen Substanzen überprüft. In der Umwelt wirken jedoch nicht einzelne Stoffe, sondern ein buntes Stoffgemisch und weitere Stressfaktoren auf Algen, Mikroorganismen oder Fische. Eine Studie des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag und des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig hat nun gezeigt, dass Fische sich durchaus gegen einzelne Stoffe zu wehren wissen: Wie von Säugetieren schon länger bekannt, können auch sie über besondere Proteine Schadstoffe aus dem Körper transportieren und sich so schützen. Leider haben die Forscherinnen und Forscher aber auch Stoffe gefunden, welche diesen genialen Mechanismus blockieren. Die „Chemosensitizer“ oder Inhibitoren öffnen damit anderen schädlichen Stoffen im alltäglichen Chemiecocktail Tür und Tor. Jetzt müssen die Tests in den Zulassungsverfahren angepasst werden, damit sie diese Wirkung aufdecken können, fordern die Wissenschafter.

Wussten Sie dass...

  • weltweit aktuell 77 Millionen verschiedene chemische Stoffe registriert sind.
  • jede Woche 50 neue Stoffe dazukommen.
  • 308‘000 Substanzen als „reguliert“ gelten.
  • weltweit jährlich Chemikalien im Wert von 3100 Milliarden Euro produziert werden.
  • in der Schweiz jährlich 2200 Tonnen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe verkauft werden.



Heute im Chat: Prof. Dr. Kristin Schirmer

Pestizide im Grundwasser oder sogar im Trinkwasser? Verweiblichte Fische in unseren Bächen wegen hormonaktiver Substanzen? Tote Bachflohkrebse nach dem Einsatz von Neonicotinoiden?

Diskutieren Sie mit der Forscherin Prof. Dr. Kristin Schirmer, Leiterin der Abteilung Umwelttoxikologie am Eidg. Wasserforschungsinstitut Eawag, über Auswirkungen und Vermeidungsstrategien von Problemstoffen im Wasser.

Zum Quiz



Die Eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, forscht für das Wasser, damit es den Menschen und der Umwelt gut geht und damit Konflikte zwischen den Ansprüchen von Natur und Mensch gelöst werden können.
Zwei Fischembryonen, die beide eine Stunde lang einem roten Fluoreszenzfarbstoff ausgesetzt waren. Ohne Zugabe des Inhibitors wird der vom Embryo aufgenommene Stoff dank eines Transporterproteins aus den Zellen gepumpt (oben). Wird dieses Protein blockiert, reichert sich die Farbe im Embryo an (unten).
Tests mit Kiemenzellen statt lebendigen Fischen: Sehen Sie dazu das kurze Video „Ersatz für Tierversuche in der Ökotoxikologie“ (in Englisch mit deutschen Untertiteln).